
Anfang 2026 soll der gesetzliche Mindestlohn auf 13,90 Euro steigen. Für die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung (MIT) im Rhein-Kreis Neuss ein Anlass zur Sorge. Bei einer Diskussion in der Maschinenfabrik Reinartz warnten Experten vor Folgen für Ausbildung und Wirtschaftlichkeit.
Die geplante Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 13,90 Euro pro Stunde zu Beginn des Jahres 2026 sorgt im Mittelstand für Unruhe. Unter dem Titel „Mindestlohnerhöhung – Auswirkungen auf den Mittelstand und die Arbeitslosensituation“ lud die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU (MIT) Rhein-Kreis Neuss kürzlich zur Diskussion ein.
Unter der Moderation von Bärbel Edith Kohler diskutierten Unternehmer und Verbandsvertreter in der Maschinenfabrik Reinartz über die wirtschaftlichen Folgen. Der Tenor war deutlich: Der Mittelstand sieht sich durch die Lohnpolitik zunehmend unter Druck.
Konstruktionsfehler und Gefahr für die Ausbildung
Der Neusser Unternehmer David Zülow („Die Familienunternehmer“) bezeichnete den Mindestlohn als fundamentalen „Konstruktionsfehler“. Seine Hauptkritikpunkte:
- Gleichmacherei: Fachkräfte und Ungelernte würden in einen Topf geworfen.
- Ausbildungskrise: Da man auch ungelernt gut verdiene, fehle der Anreiz für eine klassische Ausbildung. Die sinkenden Azubi-Zahlen seien eine direkte Folge.
- Lohn-Preis-Spirale: Zülow warnte vor einem Kreislauf aus steigenden Löhnen und Preisen – eine These, die allerdings von DGB und Wirtschaftsforschern (DIW) bestritten wird.
Gastgewerbe am Limit: „Keine Reserven mehr“
Besonders drastisch schilderte Kurt Wehner, NRW-Landesgeschäftsführer des Dehoga, die Lage im Hotel- und Gaststättengewerbe. Nach enormen Tarifsteigerungen in den letzten Jahren (allein 28 % in den untersten Lohngruppen in 2022) sei das Ende der Fahnenstange erreicht.
„Es sind keine Reserven mehr da“, betonte Wehner. Die Erhöhungen würden voll durchschlagen. Zudem kritisierte er die Einmischung des Staates in die Tarifautonomie.
„Patient auf der Intensivstation“
Auch Andreas Ritzenhoff, Unternehmer aus Marburg, fand deutliche Worte. Er sieht in der Mindestlohnerhöhung primär eine „versteckte Steuererhöhung“, von der vor allem der Staat profitiere. Angesichts der aktuellen Wirtschaftskrise – geprägt durch Lieferkettenprobleme und geopolitische Spannungen – sei der Zeitpunkt fatal.
„Der Patient liegt auf der Intensivstation und wir drehen den Sauerstoff ab“, so Ritzenhoffs drastischer Vergleich zur Entscheidung der Bundesregierung.
Fazit und Ausblick
Während Philipp Scharner von der Bundesagentur für Arbeit eine eher neutrale Position einnahm und den Mindestlohn theoretisch als gutes Mittel zur Lebensunterhaltssicherung sieht, überwog bei der Veranstaltung die Skepsis.
Die MIT Rhein-Kreis Neuss um den Vorsitzenden Stefan Arcularius plant nun, die gesammelten Forderungen und Ideen aus der Diskussion an die Politik in Stadt, Kreis und Bezirk weiterzutragen.
Quelle: Rheinische Post Verlagsgesellschaft mbH
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